‘my7cents’: Hannah Nöthig über Effizienzgewinne und das nächste boomende Nutzungskonzept

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Hannah Nöthig ist bei KIWI als Geschäftsführerin und COO zuständig für die Bereiche Operations, Finance und Legal. Mit ihrem Team kümmert sie sich unter anderem um die Bestandskunden und den stark wachsenden Neukundenbereich. In der Startup-Branche hat sich Hannah unter anderem durch ihr Mitwirken bei einer Neugründung in Hamburg einen Namen gemacht. Was sie zur Digitalisierung in der Immobilienbranche zu sagen hat, verrät sie uns diese Woche in unserer Reihe „my7cents“.

 

Was hältst Du für maximal unterschätzt im Rahmen der Digitalisierungsdebatte im Immobilienumfeld?

Teile der Branche – wirklich nur Teile! – scheinen abwarten zu wollen, wie es mit der Digitalisierung weitergeht. Dabei ist der Wechsel von manuellen zu digitalen Abläufen bereits in vollem Gang und spart den Akteuren schon jetzt viel Aufwand und Geld. Dabei geht es nicht nur um digitale Zugänge, sondern auch um z. B. Smart Metering und weitere Anwendungsformen. Welches Potenzial die bereits vorhandenen digitalen Lösungen haben, ist in einigen Teilen der Branche offenbar noch nicht angekommen.

Welchen Satz kannst Du nicht mehr hören im Zusammenhang mit der Digitalisierung im Immobilienumfeld?

“Die Branche ist sehr langsam, daher dauert die Digitalisierung lange. Die Immobilienunternehmen sind aber derweil aufgewacht, die Digitalisierung nimmt Fahrt auf.” Das ist so nicht mehr richtig, denn die Branche steckt bereits mitten in der Digitalisierung, und alle Unternehmen, die auf den Zug noch nicht aufgesprungen sind, sind ihrer Zeit hinterher.

Wovon warst Du mal überzeugt, und bist es heute nicht mehr in Bezug auf die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft?

Die Lösungen, die PropTechs der Immobilienwirtschaft anbieten, sind in ihrem Ansatz – und zumeist auch schon in der Umsetzung – absolut überzeugend. Viele etablierte Unternehmen der Immobilienwirtschaft haben das Potential erkannt und entsprechend gehandelt. Dass es bei einigen Akteuren dennoch eine abwartende Haltung gibt, überrascht mich bis heute.

Uber hat die Taxibranche aufgemischt. Siehst Du schon ein Uber für die Immobilienindustrie?

Na klar, KIWI! Ohne die digitale Verwaltung von Zutritt wird es in Zukunft nicht mehr gehen. Das disruptive Element ist hier aber nicht, dass die Immobilienindustrie sich singulär optimiert, sondern dass Zutritt als Plattform funktioniert und immer derjenige ein Zutrittsrecht hat, der gerade durch die Tür muss, unabhängig davon ob ihm die Tür gehört oder nicht (Bewohner, Hausmeister, Dienstleister wie Zusteller, Versorger, Entsorger, Pflegedienste, etc.).

WeWork hat dank digitalen Technologien das Nutzungskonzept CoWorking-Space bekannt gemacht: was wird das nächste Nutzungskonzept, das auf geteilten Ressourcen beruht?

Geteilter Wohnraum mit Community-Charakter wird das nächste boomende Nutzungskonzept. Es wird Gebäudekomplexe geben, später vielleicht ganze Straßenzüge oder Viertel, in denen viele Räume, Dienstleistungen und Dinge gemeinsam genutzt und von der Gemeinschaft verwaltet werden. Jeder hat seinen eigenen privaten Space, dieser wird aber im Vergleich zu den gemeinschaftlichen Spaces klein sein. Ein gutes Beispiel für diese Entwicklung ist das israelische Startup Venn, welches gerade eine 40 Mio. USD Finanzierung erhalten hat.

Wenn Du Immobilieneigentümer wärst: was würdest Du mit Blick auf Digitalisierung als Erstes tun?

Als erstes würde ich einen Fokus auf Effizienzgewinn legen, d. h. Produkte wie digitaler Türzugang, Smart Metering etc. einbauen. So lässt sich ein positiver Effekt der Digitalisierung direkt spüren, und zwar durch die entsprechenden Kosteneinsparungen. Hier wäre der Fokus in der Effizienzsteigerung der eigenen Arbeit als Immobilieneigentümer sowie der Arbeit der Dienstleister. Erst nachrangig würde ich Prozesse und Produkte digitalisieren, die dem Mieter das Leben erleichtern. Denn diese geben dem Mieter zwar sofort einen Nutzen, führen aber im ersten Schritt auch zu Mehraufwand auf Vermieterseite, da man den Mietern die neuen Tools erklären muss und hier und da auch mit Widerständen rechnen muss.

Wenn Du Hausverwalter wärst: was würdest Du mithilfe der Werkzeuge der Digitalisierung sofort abstellen?

Das althergebrachte Schlüsselmanagement ist mir ein Dorn im Auge, ganz klar. KIWI zeigt schließlich, wie es besser geht. In Zeiten von digitalen Türzugängen ist es nicht mehr hinnehmbar, dass Hausverwalter für zum Beispiel eine einfache Schlüsselübergabe durch die halbe Stadt fahren – und anschließend wieder zurück. Der Zeitaufwand steht in keinem Verhältnis. Die Umrüstung auf ein digitales Schließsystem rechnet sich gerade für Verwaltungen mit mittleren und größeren Beständen innerhalb kürzester Zeit. Bei Sanierungsobjekten oder Neubauten sollte der Einsatz digitaler Lösungen eigentlich keine Frage mehr sein.

Wenn Du Immobilienentwickler wärst: wie würdest Du die Möglichkeiten der Digitalisierung für Dein Geschäft nutzen?

Gerade als Immobilienentwickler ist es aufgrund der langen Investitionszyklen besonders wichtig, dass die digitalen Lösungen, die in die Neubauten eingebaut werden, up-to-date und auch zukünftig relevant sind. Im Jahr 2019 noch Türen mit 2000 Jahre alten physischen Schlüsseln einzubauen und zu glauben, diese werden die nächsten 40 Jahre genutzt, ist nicht effizient. Baut man jetzt schon elektrifizierte Zargen in die Türen und bspw. SmartDOORS in die Wohnungstüren, spart man sich in ein paar Jahren aufwändige Nachrüstungen.

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