My7cents: Enrico Kürtös über die Notwendigkeit Bestehendes zu überdenken

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Enrico Kürtös ist seit 2017 CEO von Inreal Technologies. Das PropTech mit Büros in Karlsruhe und New York ist auf virtuelle Echtzeitbegehungen von Büro- oder Wohnimmobilien spezialisiert. Enrico treibt derzeit vor allem die internationale Expansion von Inreal voran. New York war nämlich erst der Anfang. Was Enrico zur Digitalisierung in der Immobilienbranche zu sagen hat, verrät er uns diese Woche in unserer Reihe „my7cents“.

Was hältst Du für maximal überschätzt im Rahmen der Digitalisierungsdebatte im Immobilienumfeld?

BIM. Das Thema wird derzeit absolut gehyped. Überall wird darüber gesprochen, aber nur wenige Unternehmen arbeiten wirklich schon mit dieser Methodik. Und wenn, dann nutzt BIM jeder irgendwie anders. Noch fehlt ein einheitlicher Standard dafür. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass die Bereitschaft, Prozesse umzustellen, von Unternehmen zu Unternehmen sehr divergiert.

Welchen Satz kannst Du nicht mehr hören im Zusammenhang mit der Digitalisierung im Immobilienumfeld?

Es gibt mehr als einen Satz, den ich nicht mehr hören kann. „Alle Menschen in der Immobilienbranche sind alt, langsam und haben keine Ahnung.“ „Es gibt keine Innovatoren in der Immobilienbranche.“ „Ohne PropTechs würde die Immobilienbranche in fünf Jahren aussterben.“ Diese Sätze sind so alle schlicht nicht wahr.

Airbnb hat der Hotellerie das Fürchten gelernt: Welche Assetklasse wird als nächstes einem solchen digitalen Anbieter gegenüberstehen?

Retail. Der Entscheidungsprozess für einen neuen stationären Standort läuft vornehmlich noch nach herkömmlichen Standards ab. Zur Auswahl wird nur eine geringe Zahl an messbaren – und teils nicht mehr so relevanten – Parametern herangezogen. Das kann dazu führen, dass das Angebot nicht den veränderten Bedürfnissen der Nutzer gerecht wird. Ich bin sicher, dass sich der Druck der großen Online-Player auf stationäre Angebote noch deutlich erhöhen wird.

Wenn Du Immobilieneigentümer wärst: was würdest Du mit Blick auf Digitalisierung als Erstes tun?

Mir meine bestehenden Prozesse anschauen und überlegen, ob diese im Jahr 2018 in der Form noch zielführend sind. Mit clever eingesetzten digitalen Werkzeugen können Unternehmen oft deutlich effizienter und gewinnbringender arbeiten. Aber dafür muss zunächst der Mut da sein, Bestehendes zu überdenken und zu überwinden. Die Digitalisierung ist alleine auch kein Allheilmittel. Wenn ich einen schwachsinnigen Prozess digital abbilde, ist er zwar digital, bleibt aber schwachsinnig.

Wenn Du Hausverwalter wärst: was würdest Du mithilfe der Werkzeuge der Digitalisierung sofort abstellen?

Die Bearbeitung und Beantwortung von Mängelanrufen, Beschwerden oder detaillierten Rückfragen zu Abrechnungen durch den Menschen. Für das Management beispielsweise von Fragen und Beschwerden gibt es schon heute geniale digitale Einzellösungen. Die Immobilienbranche sehnt sich nach einem Tool, das alles abbildet. Ich glaube aber nicht, dass sich am Ende die Rundum-Lösung eines einzigen Anbieters durchsetzt. Was Unternehmen brauchen und wollen, sind modulare Ansätze, die sich Stück für Stück und je nach Bedarf individuell erweitern lassen.

Wenn Du Immobilienentwickler wärst: wie würdest Du die Möglichkeiten der Digitalisierung für Dein Geschäft nutzen?

Ich kenne mich in der Vermarktung am besten aus – deshalb würde ich da ansetzen. Es ist eigentlich unglaublich, wie analog der Prozess beispielsweise im Fall von Eigentumswohnungen noch abläuft. Kaum eine Entscheidung wird datengestützt gefällt. Die gute alte Broschüre und das Bauchgefühl – darauf verlassen sich viele Entwickler immer noch. Vielen ist gar nicht bewusst, welche Möglichkeiten sie damit hinsichtlich einer personalisierten Kundenansprache sowie Kosten- und Zeiteffizienz verspielen.

Bei welcher Firma – Allthings und Deine eigene ausgeschlossen 😉 – würdest Du gerne mal eine Woche als Insider mitlaufen?

Amazon. Ich würde sehr gerne in der Managementebene direkt nach Jeff Bezos oder noch eine Ebene tiefer mithelfen. Einfach um zu sehen, wie dort neue Ideen umgesetzt werden. Und am Ende der Woche würde ich womöglich neue Kollegen in Karlsruhe begrüßen, die ich dort direkt angeworben haben.

 

Über Inreal

Inreal Technologies bildet Büro- und Wohnimmobilien virtuell ab und bietet Asset Managern, Projektentwicklern und Bauträgern verschiedene Tools, um die Präsentation und Vermarktung der Objekte anschaulicher und effektiver zu gestalten. So können Entwickler potenzielle Käufer oder Mieter beispielsweise bereits vor dem Bau am Computer oder auf der Leinwand durch die neuen Immobilien führen. Durch den Einsatz spezieller VR-Tools lässt sich zudem das Sonderwunschmanagement deutlich zeit- und kosteneffizienter gestalten. Bereits jetzt ist Inreal im Bereich Virtual Reality einer der führenden Anbieter in Deutschland.

Mittlerweile hat Inreal Technologies mehr als 300 Objekte virtuell abgebildet. Darunter sind zahlreiche Landmark-Buildings, etwa der Omniturm oder der Main Tower in Frankfurt am Main. Insgesamt hat das PropTech bisher über zwei Millionen m2 Fläche virtuell umgesetzt. Zu den Kunden von Inreal zählen Unternehmen wie Credit Suisse, Deka Immobilien, RFR, Art-Invest und Tishman Speyer.

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