Grossartige Ideen, die nicht funktionieren (Teil I): Immobilien um eine Mieter-Erlebnisplattform ergänzen.

Stefan Zanetti, Gründer von Allthings:

Ich starte eine neue Serie auf unserem Blog, sie heisst: Grossartige Ideen, die nicht funktionieren.

Wir haben in den vergangenen Jahren im Proptech-Umfeld viele Ideen angetroffen und auch manche selbst entwickelt, die sich im Nachhinein als nicht sehr zielführend herausgestellt haben. Und wir werden nach wie vor von Kunden und Interessenten immer wieder auf die gleichen Ideen angesprochen. Man muss ja Fehler, die man einmal gemacht hat, nicht unentwegt wiederholen. Im besten Fall lernt man etwas daraus und macht es beim nächsten mal anders. Oder gleich von Anfang an besser. Darum geht es in diese Serie.

Heute Teil eins: Immobilien um eine Mieter-Erlebnisplattform ergänzen.

Natürlich ist es eine gute Idee, das Mietererlebnis in den Mittelpunkt zu stellen. Und die möglichen Lösungen, um dieses Mietererlebnis zu verbessern - von Concierge Diensten über smarte Gebäudekomponenten hin zu buchbaren, flexibel nutzbaren Ressourcen - explodieren förmlich. Wenn man es dann noch auf englisch ausdrückt, sieht man definitiv eine neue Welt entstehen: TX - Tenant Experience. Kann man nicht nein sagen dazu.

Nur: neu ist das ganze nicht. Andere Industrien haben unter dem Label ‘Customer Experience’ (CX) schon vor zwanzig Jahren damit begonnen, ihre Dienstleistungen systematisch aus Sicht des Kunden zu gestalten. Und wir alle haben Erfahrung darin gewonnen, was führende Anbieter unter einem hervorragenden Kundenerlebnis verstehen. Ich bspw. erlebe bei Banken wie DKB in Deutschland oder bei Versicherern wie smile in der Schweiz ziemlich gut durchdachte Kundenprozesse - von komplett neuen Anbietern wie revolut oder N26 ganz zu schweigen. Diese Unternehmen machen das nicht uneigennützig. Es gibt genügend Daten, die zeigen, dass beeindruckte Kunden länger verweilen, kulanter bei einer Panne sind, schneller kaufen bzw. öfters wieder kaufen und auch viel eher weiterempfehlen, als Kunden, deren Erlebnisse schlecht sind. All das hat einen hohen Einfluss auf Profitabilität. Soweit also alles klar.

Was man von diesen Branchen aber auch lernen kann: Erst einmal muss man die Basics - die Pflicht - in Sachen Erlebnisse in Ordnung bringen, bevor man sich an die Kür machen kann. Unter Pflicht verstehen wir die Basisprozesse, die es in jedem Geschäft gibt. Bei der Versicherung z.B.: Telefon abnehmen, Schadensmeldung einfach machen, den Kunde nicht als Feind oder Depp behandeln, den aktuellen Stand der Schadenbearbeitung kennen, etc. In der Immobilienwirtschaft aus Mietersicht alles rund um Bewerbung, Vertragsabwicklung, Onboarding, und täglichen Austausch zu den laufenden Themen Reparaturen, oder andere Vorfälle des Tagesgeschäfts.

Weitergehende Angebote wie die oben genannten Concierge Dienste sind natürlich auf dem Vormarsch. Aber ihre Effekte kommen eben erst zur Entfaltung, wenn die Grundlagen stimmen.

Wer das nicht beachtet, wird scheitern. Das gilt sowohl für den Residential als auch für den Commercial Markt und auch in allen anderen Assetklassen. Die Mieter werden zu Recht monieren, dass sie keinen Concierge brauchen, aber gerne, endlich mal die aus ihrer Sicht einfache Anfrage beantwortet hätten, die im Geflecht von zahlreichen Kanälen und Dienstleistern irgendwo untergegangen ist.

Darum: Wer eine Mietererlebnispattform einführen will, tut gut daran, zuerst die Basisprozesse sauber abzubilden und auch die Zusammenarbeitskonstrukte mit den bestehenden Dienstleistern entsprechend auszurichten. Ganz besonders dann, wenn die Dienstleister noch in Richtung Mieterenttäuschung incentiviert sind.

Hat man das gedreht, wird man erfolgreich. Die wirklich grossartige Idee ist also: sich auf das Mietererlebnis zu fokussieren. Und alles schon Bestehende erst einmal darauf auszurichten. Und wo nötig, als Mittel zum Zweck, eine Plattform einzusetzen.

Eigentlich klar, dass es nur so geht, nicht?

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