‘my7cents’: Jan-Hendrik Goldbeck über BIM, 3D-Druck und vernetzte Gebäudetechnologie
Als geschäftsführender Gesellschafter der GOLDBECK GmbH, die von dem Wirtschaftsmagazin brand eins Wissen als eines der innovativsten Unternehmen Deutschlands ausgezeichnet wurde, führt Jan-Hendrik Goldbeck mit seinem Bruder Jörg-Uwe das Unternehmen. Zudem ist er geschäftsführender Gesellschafter der Immobiliengesellschaft Indigo Invest Holding GmbH & Co. KG. Was Jan-Hendrik zur Digitalisierung in der Immobilienbranche zu sagen hat, verrät er uns diese Woche in unserer Reihe „my7cents”.
Was hältst Du für maximal unterschätzt im Rahmen der Digitalisierungsdebatte im Immobilienumfeld?
Die Herausforderung ein wirklich ganzheitliches Gebäudemodell aufzustellen. Alle reden davon wie die dreidimensionale Planungstechnologie BIM die Bauindustrie revolutioniert, doch keiner setzt es konsequent und ganzheitlich in der Praxis um. Denn die Herausforderungen stecken im Detail und werden häufig unterschätzt. Bei einem traditionellen Bauprojekt müssten sich zunächst die verschiedenen Akteure auf eine Semantik einigen – vom Architekt über den Statiker bis zum Gebäudetechniker. Doch noch denkt die Branche sequentiell, da ist ein integraler Ansatz schwer.
Was hältst Du für maximal überschätzt im Rahmen der Digitalisierungsdebatte im Immobilienumfeld?
Das kurzfristige und mittelfristige Veränderungspotenzial von 3D-Druck. Es ist Quatsch, wenn Leute sagen, dass sie Gebäude drucken. Denn das würde bedeuten, dass ein 3D-Drucker sowohl Türscharniere, als auch das Fundament, die Rohre, die Fenster, die Tapete, den Teppich und die Wandfarbe druckt. Wenn überhaupt wird ein Teil eines Gebäudes gedruckt wie beispielsweise die Tragstruktur. Ich denke gerne visionär, aber aktuell halte ich diesen Bereich im Bau für ein Hype-Thema. Meines Erachtens wird es noch viele Dekaden dauern, bis wir „ganze“ Gebäude drucken.
Wovon warst Du mal überzeugt, und bist es heute nicht mehr in Bezug auf die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft?
Das Virtual Reality eine Spielerei ist. Vor zwei Jahren habe ich den Mehrwert der Technologie für die Bauindustrie hinterfragt. Mittlerweile habe ich erkannt, dass VR den Planungsprozess maßgeblich vereinfachen kann. Je realer ich dem Kunden zeigen kann, was er bekommt, desto besser kann er Entscheidungen treffen. Zielt man also auf einen “leanen” Projektansatz ab, ist es wichtig frühzeitig die Eingangsparameter eines Projektes abzuklopfen. VR bietet eine hervorragende Entscheidungshilfe und unterstützt dabei Bauzeiten zu verkürzen. Außerdem wird in Zukunft die Planung in Zukunft in einer virtuellen Umgebung durchgeführt werden.
Welche Berufe wird es in 5-10 Jahren in der Immobilienbranche nicht mehr geben? Welche Berufe werden neu geschaffen?
Neu geschaffen werden Berufe in den Bereichen VR Planung und Data Science. Berufe, die eine automatisierte Planung ermöglichen und auf generativem Design basierende Vorschläge umsetzen können werden zunehmend an Bedeutung gewinnen. In ihrem Charakter regelbasierte Berufe, wie beispielsweise Brandschutzgutachter und Prüfstatiker, werden es in Zukunft schwer haben.
Welche digitale Lösung im Immobilienumfeld vermisst Du noch?
Zunehmend bedarfsbasierte Prozesse und Produktionsabläufe. Hier beginnt die Automatisierung derzeit, sie ist in der Realität allerdings noch nicht so weit verbreitet wie ich es mir wünschen würde. Ein Beispiel ist die Wartung von Maschinen. Anstatt “warte den Aufzug 1x pro Quartal” wäre eine bedarfsbasierte Vorhersage wie z.B. “der Widerstand eines bestimmten Elektrobauteils hat sich erhöht, warte den Aufzug in den nächsten 2 Wochen” sinnvoller. Ähnliches gilt natürlich auch für infrastrukturelles Gebäudemanagement. Regelbasierte Abläufe sind nicht effizient und spiegeln nur Durchschnitte anstelle der Realität wider. Hier gibt es viel noch Potenzial und Luft nach oben.
Welche neuen Nutzungskonzepte werden dank der Digitalisierung im Office-Umfeld entstehen?
Grundsätzlich bleibt ein Büro ein Platz von und für Menschen, und das ist gut so. Die menschliche Interaktionsumgebung wird eher mehr als weniger Bedeutung bekommen.
Zum Büro selbst: Dank vernetzter Gebäudetechnologie und intelligenter Antizipation bringt mir mein Arbeitsplatz in Zukunft mehr Komfort. Bei Stau auf meinem Weg zur Arbeit, werde ich früher geweckt und mein Navi schlägt mir vor heute einen anderen Weg zu nehmen. Im Büro angekommen, ist bereits ein Parkplatz für mich reserviert.
Gleichzeitig wird mein Arbeitsplatz zunehmend individualisierbar – unabhängig davon, ob ich physisch immer am gleichen Tisch sitze oder öfter den Platz wechsle. Dank meines Desk-Profils passt sich meine Umgebung automatisch an. Nachdem ich über mein Smartphone identifiziert wurde, stellt sich die Lichtfarbe, Hintergrundmusik und Temperatur auf meine Präferenzen ein. Je nach Komfortstufe bekomme ich mein Lieblingsgetränk an den Tisch geliefert.
Bei welcher Firma – Allthings und Deine eigene ausgeschlossen – würdest Du gerne mal eine Woche als Insider mitlaufen?
Bei Calico von Google. Das Entwicklungs- und Forschungsunternehmen nutzt modernste Technologie, um besser zu verstehen, wie und warum wir altern. Es werden Methoden untersucht, die das Leben verlängern und verbessern. Mich würde interessieren, welche Erkenntnisse diese Experten bereits gewonnen haben und welche Rolle Mensch-Maschine-Interaktionen hierbei spielen.
Weitere Informationen zur GOLDBECK GmbH gibt es hier: www.goldbeck.de