Ralph Mamadeus ist CEO von Change=, einem 2012 gegründeten niederländischen Immobilienentwickler, der derzeit 10.000 Wohnungen für junge Berufstätige mit einem integrierten Living as a Service Konzept baut. Vor der strategischen Leitung von Change= sammelte er 25 Jahre Erfahrung in Unternehmen wie Nike, Adecco und USG People. Was er über die Digitalisierung der Immobilienbranche zu sagen hat, erfahren Sie in unserer Interviewreihe “my7cents”.
Alles. Der Immobiliensektor ist recht alt und verstaubt. Die meisten Entwickler denken immer noch in Ziegeln und Steinen. Aber die Welt verändert sich, und derzeit gerät die Branche in Rückstand. Das ist wirklich schade, denn Immobilien spielen eine so wichtige Rolle in unserem Alltag. Die Straßen, in denen du gehst, Immobilien; das Haus, in dem du lebst, Immobilien; das Büro, in das du gehst, Immobilien. So viel von unserem Leben wird von dieser Branche bestimmt. Deshalb engagiere ich mich leidenschaftlich für den Einsatz von Technologie beim Aufbau der Infrastruktur, um Gebäude intelligenter zu machen. Mit der richtigen Infrastruktur können wir Technologien nutzen, um unserem Leben einen echten Mehrwert zu verleihen. Die Digitalisierung kann uns dabei helfen, ein höheres Maß an Wohlbefinden in unserem Leben zu erreichen. Und diese Wahrheit wurde in der Immobilienwelt noch nicht erkannt.
Was wir brauchen, ist ein Umdenken, sonst werden bestehende Bauträger zu kurz kommen. Da muss man sich nur ansehen, was in anderen Branchen passiert ist. Shell und P&G brauchten 200 Jahre, um ihren ökonomischen Wert zu erwirtschaften. Amazon und Facebook brauchten hingegen nur 30 Jahre, Instagram sogar nur 5 Jahre, um den gleichen ökonomischen Wert zu erwirtschaften. Die Lektion: Neue Unternehmen können kommen und bald den Markt dominieren. Die Dinge ändern sich schnell – und die alte Denkweise reicht nicht aus, um in der Zukunft zu überleben und zu gedeihen.
Es gibt ein paar. Zum Beispiel: “Wird es funktionieren?”, “Was ist die Rendite?”, “Wie viel wird es kosten?”. Das sind alles faire Fragen, aber sie zeigen auch, wie weit die Menschen noch vom Verständnis des Mehrwerts der neuen Technologien entfernt sind. Geld ist nicht das Thema, sondern eher die Skepsis, die noch immer sehr verbreitet ist. Was wir brauchen, ist eine neue Denkweise. Das ist der aktuelle Engpass.
Der Immobiliensektor ist sehr konservativ. Doch in 5-7 Jahren wird sich der Job als Entwickler stark verändern. Die Projektentwickler müssen zu 50% technische Unternehmen sein, um die technologische Infrastruktur intelligenter Gebäude bereitzustellen und zu nutzen. Neue Entwickler mit IT-Hintergrund werden auf den Markt kommen, und altmodische Entwickler werden sich entweder anpassen oder aussterben.
Die Digitalisierung ist ein Werkzeug, aber selbst nie das Ziel. Wir müssen uns mit Verhaltenstrends und Problemen befassen, die die Menschen derzeit haben, um herauszufinden, wie man Technologie nutzen kann, um die benötigten Lösungen anzubieten.
Derzeit findet ein großer Wandel vom Eigentum hin zur Verfügbarkeit statt. Nehmen wir als Beispiel die Mobilität. Mehr und mehr Menschen haben kein Interesse mehr daran ein eigenes Auto zu besitzen. Wichtig für sie ist, dass das Auto, wann immer sie es brauchen, verfügbar ist. Die Nutzung eines Autos kann das Leben vereinfachen, aber dazu muss man es nicht mehr besitzen. Hier kommen Plattform-Modelle ins Spiel. Smart Buildings werden in Zukunft mit Fahrzeugen ausgestattet sein, die sich die Mieter teilen und über ihre Mieter-App buchen können. Sobald sich um alle Bereiche, die das eigentliche Leben betreffen, gekümmert wurde, wollen die Menschen konsumieren. Das ist die nächste Phase im Lebenszyklus eines Mieters, die Entwickler mit intelligenten Gebäuden angehen müssen.
Leben als Dienstleistung. Das Kerngeschäft der Immobilienentwicklung ist nicht mehr das Zuhause, sondern das Leben in seiner Gesamtheit. Es beginnt zwar bei einem zu Hause, endet aber nicht dort. Mit unserem Unternehmen Change = führen wir ein Pay-per-Use-Konzept ein, das verschiedene Lebensbereiche unserer Mieter erfasst. Das geht über den Zugang zu gemeinsamen Waschmaschinen hinaus und umfasst Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, persönliche Finanzen und Versicherungen – alles verfügbar per App auf dem Smartphone. Daher ist auch hier wieder die Technologie das Rückgrat von Living as a Service.
Bei all meinen Entwicklungen konzentriere ich mich auf die Integration von High-Speed-Fiberglas. In der Tat haben meine Gebäude die Internet-Power von ganz Amsterdam. Warum? Mit der rasanten Geschwindigkeit mit der sich Technologie weiterentwickelt und KI kommt, werden wir in 30 Jahren mehr Leistung benötigen. Deshalb baue ich schon heute die richtige Infrastruktur auf – und genau das würde ich auch jedem anderen Immobilienentwickler empfehlen. So ist man auf alle kommenden Veränderungen und Chancen vorbereitet.
Als ich vor Jahren als Change Manager für Nike arbeitete, hatte ich die Möglichkeit, zu Facebook zu wechseln. Das Team startete erst gerade und war noch klein. Wahrscheinlich eine der wenigen Möglichkeiten, die ich bedauere, nicht wahrgenommen zu haben. Rückblickend hätte ich ‘ja’ gesagt, denn ich bin fasziniert von dem, was Facebook geleistet hat. Es ist so viel mehr als ein Technologieunternehmen. Das Produkt ist Teil des Lebens der Menschen geworden. Das Unternehmen beeinflusst das Glück der Menschen – und das ist es, was mir wichtig ist.